Pascal Rueff ist Regisseur, Lyriker und 3D-Tontechniker.
Es gibt viele Möglichkeiten, wie man binauralen Ton aufnehmen kann: von einem Paar Elektretmikrofonkapseln für zwei Euro, die man an den eigenen Ohren befestigt, bis hin zu einem hochwertigen Kunstkopf für 25.000 Euro. Wir hatten aber das Glück, dass Neumann schon früh an dieses wunderbare Format geglaubt und mit seinem KU 100 ein Werkzeug geschaffen hat, das sich hervorragend für die professionelle Tonaufnahme eignet.
Heute ist der KU 100 die Bezugsgröße, da er mit Klangfarbenänderungen, wie sie bei der HRTF (d. h. der Filterwirkung, die durch akustischen Gegebenheiten des Ohrs verursacht wird) im Audiostream vorkommen, gut umgehen kann. Beim Abhören der Signale des KU 100 entsteht ein natürlicher Höreindruck und der Produzent kann sich auf die realitätsgetreue dreidimensionale Komposition der Klangszene konzentrieren. Die Transparenz dieses Mediums eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Es ist erfreulich, dass Tonexperten mit jahrzehntelanger Erfahrung jetzt entdecken wie einfach Präsenz, Bewegungen (und seien sie auch noch so fein) oder komplexe Geräuschkulissen aufgenommen werden können.
„Der KU 100 ermöglicht mit seinem einfachen stereophonen Format die Aufnahme eines umfassenden, subtilen Klangerlebnisses.“
Seitdem Inhalte standardmäßig mit Kopfhörern gehört werden, ermöglicht das native binaurale Format eine Rückbesinnung auf die Essenz des Hörerlebnisses. Jede Hörerin und jeder Hörer kann diese Erfahrung machen und sich daran erinnern, dass wir binaural hören, seit wir auf der Welt sind. Und seit unserer Geburt haben wir auch die Fähigkeit, klangliche Komplexität zu interpretieren.
Für diejenigen, die mit Ton arbeiten, eröffnet der Hörsinn somit ein einzigartiges Tor zur Intimität. Die Agence du Verbe nutzt das native binaurale Format, um Hörerlebnisse zu produzieren, die für Kopfhörer bestimmt sind, wie Spaziergänge, Shows oder Führungen in Museen. Wir schaffen Erlebnisse, die gleichzeitig sehr persönlich und gemeinschaftlich sind („gemeinsam allein“) – wie ein gemeinsamer Traum, bei dem die Empfindungen intensiv genug sind, dass er die Zuhörenden verändert. Sie fühlen sich, als wären sie zur gleichen Zeit am gleichen Ort wie der Kunstkopf bei der Aufnahme. Diese egozentrische Perspektive passt auch zu unserer Zeit. Der Hörsinn ist oft der Sinn des Äußeren, der Umgebung, verbunden mit dem Urhirn und den Wurzeln der Emotionen. Es ist sehr interessant, die Zuhörer mit einem einfachen Kopfhörer klanglich in eine andere Welt zu transportieren. Und es ist auch einfach sehr wirkungsvoll.
Durch diese bemerkenswerte Technik kann die Öffentlichkeit Geschichte, immaterielles Erbe oder unzugängliche Welten erkunden, ob sie nun real oder erfunden sind. Der Ansatz dabei ist zugleich dokumentarisch (durch die Realitätsnähe) und poetisch (durch die Sinnesebene).
Über Pascal Rueff
Pascal Rueff ist Regisseur, Lyriker und 3D-Tontechniker. Seit 15 Jahren beschäftigt er sich mit jeglichen Aspekten der binauralen Produktion. Zusammen mit Fachleuten aus den Bereichen Wissenschaft, Kunst und Technik hat er bereits mehrere Serien zum Zweiten Weltkrieg, den Illuminationen von Rimbaud und Tschernobyl produziert. Am Institut National de l’Audiovisuel (INA) in Paris, wo er mit Feichter Audio zusammenarbeitet, ist er Experte für binauralen Klang im Bereich der Berufsbildung. Er leitet die Agence du Verbe – eine Institution, die sich ganz der binauralen Produktion verschrieben hat. Im Jahr 2016 nahm er den Canac-Preis der Société Française d՚Acoustique für seine außerordentlichen 3D-Produktionen entgegen, die auf www.binaural.fr zu entdecken sind (Webseite auf Englisch und Französisch).
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